Sonntag, 8. Dezember 2013

Heredium - Postapokalypse für Kostenlos

Der 13Mann Verlag hat beschlossen das Grundregelwerk von Heredium kostenlos zu veröffentlichen. Dies haben wir in Lübeck als Grund genommen uns das Regelwerk mal ein wenig genauer anzuschauen und eine kleine Spielrunde zu starten. (Download des Regelwerks)



Die Heredium-Fangemeinde ist recht klein (auch weil ausschließlich in deutsch publiziert) aber anscheinend halbwegs aktiv. Als dann der Autor und Erfinder von Heredium Andreas Schnell sich aus dem Projekt zurückzog hättet dies das Ende des Systems bedeuten können. Allerdings beschloss der Verlag auf die kleine Fangemeinde zu bauen, dass weitere Abenteuer und Materialien von dort kommen. Konsequenterweise haben sie deshalb das Regelwerk kostenlos verfügbar gemacht um die Heredium-Spieler-Gemeinde zu erweitern und somit Arbeiten in dem System attraktiver zu machen. Zusätzlich gibt es eine handvoll an Abenteuern und Romanen die bereits veröffentlicht wurden und nocheinmal soviel Werke, die in Vorbereitung sind. Allerdings sind die Kundenbewertungen der bereits veröffentlichten Romane sehr schlecht (1 von 5) und der Abenteuer eher mittelmäßig (2 bis 2.5). Dabei hat das Grundregelwerk und vorallem die Welt von Heredium sehr viel Potential für hochwertige Abenteuer.

Was ist Heredium

Heredium leitet sich aus dem lateinischen ab und bedeutet soviel wie Erbe. Und damit ist schon die Richtung des Spiels vorgegeben. Die Menschen in dieser Welt und damit auch die spieler treten das Erbe usnerer Welt an. Die Welt ist zerstört, mutiert und kaum belebbar geworden. Viele Aspekte die akute Probleme für die Menschheit jetzt darstellen - Umweltverschmutzung, unverantwortliche Technologie, inkompetente Politik - werden in einer fiktiven Geschichte fortgesetzt und bis in teilweise absurde Extreme getrieben. Es ist kein Zuckerschlecken in dieser Welt zu leben.

Natürlich gibt es Menschen, die es besser machen wollen oder wenigstens eine lebenswerte Sphäre für die Menschen innerhalb der zerstörten Welt erschaffen, aber wie immer gibt es unterschiedliche Meinungen, begrenzte Ressourcen und dadurch Konflikte.

Wie funktioniert die Welt

Nach dem Mondfall - ja der Mond ist wegen technischer Fehler auf die Erde gefallen - sind auf der Erde nur noch wenige Menschengruppen übrig geblieben - etwa 60 Millionen Menschen insgesamt. In Europa herrscht eine hoch-industrialisierte und militarisierte Staatskirche, in Afrika religiöse Fanatiker die durch Nanobots "magische" Fähigkeiten erhalten, in Nordafrika regieren naturnahe mutierte Menschen mit unglaublichen psyonischen Kräften, in Asien gibt es eigentlich nur noch eine Stadt - Hirohito City - in der Kriminelle und Drogenjunkies den Ton angeben und in Südamerika sind die Menschen fast vollständig verdrängt von einer aggressiven mutierten Natur. Innerhalb der wenigen menschlichen Ballungsräume gibt es reichlich Untergruppierungen und Konfliktpotential, während kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den großen Gruppen in Vorbereitung sind. Neben den Hauptgruppen gibt es noch einige kleinere Grupperungen, die aber eher als NSC Varianten anzusehen sind.

Allgemein ist die Welt sehr gefährlich und ungesund. Die Natur hat sich gegen den Menschen gewendet und ganz Landstriche in für Menschen unbewohnbare Regionen verwandelt. Andere Landstriche sind verwüstet durch die Katastrophen der vorangegangen Jahre. Die Atmosphäre ist überhitzt und die Meeresspiegel sehr hoch gestiegen.

Alles zusammen fügt sich in ein recht reizvolles Szenario, auch wenn einige Aspekte vielleicht etwas übertrieben beschrieben sind. Tatsächlich ist diese Welt die Stärke von Heredium und der Grund es zu spielen. Allerdings muss man ein paar Kompromisse eingehen, wenn man spielen will. Alle Gruppen sind untereinander so sehr verfeindet und ideologisch inkompatibel, dass es schwer ist eine gemischte Gruppe zu spielen. Es gibt zwar immer Wege und Begründungen, jedoch ist bei allen außergewöhnlichen Fähigkeiten festgelegt, dass man hohes Ansehen und Loyalität innerhalb einer Fraktion haben muss um diese zu erwerben. Also fehlen irgendwann die Möglichkeiten den eigenen Charakter weiterzuentwickeln, es sei den man Verhält sich einem Kodex entsprechend, der Gruppenmitgliedern anderer Fraktionen zuwieder ist. Dafür gibt es innerhalb der Fraktionen oft ausreichend Variation in den Archetypen um eine breite Gruppe aufzustellen. Somit ist die Welt von Heredium klar darauf ausgelegt innerhalb der einzelnen Fraktionen zu spielen und den Konflikt mit den anderen Fraktionen voranzutreiben. Dies bedeutet natürlich, dass man sich vor dem Spiel festlegen muss, aber auch, dass jede Kampagne eine komplett andere Erfahrung darstellen kann.

Wie funktioniert das Spiel

Das Regelwerk ist sehr einfach gehalten. Es gibt nur W6 Würfel, die addiert werden. Die Anzahl der Würfel wird durch Grundattribute festgelegt. Für spezifische Aufgaben (wie Kämpfen, Akrobatik, soziale Interaktion, ...) gibt es Fertigkeitspunkte, die als konstanter Bonus zu den Würfelergebnissen hinzuaddiert werden. Durch das addieren der W6 ergibt sich eine Verteilung der Ergebnisse mit wenig Varianz. Soweit ist alles ganz einfach, doch dann wird es umständlich. Bei tatsächlichen Kampfbegegnungen gibt es soviele Werte und Situationsmodifikatoren, dass man am Ende zwar nur einmal würfelt für einen Angriff, dann aber viel addieren, subtrahieren und multiplizieren muss. Ich bin mir sicher, dass man sich an die viele Rechenarbeit schnell gewöhnen kann, aber an sich wurde das in vielen anderen Systemen eleganter gelöst. Der Vorteil der geringeren Varianz wird zudem noch vollständig von den Modifikatoren, die gwöhnlich in Dreier-Schritten anzuwenden sind (-3, -6, -9,  3, 6 ,9, ...), gefressen - es gibt viel mehr Varianz zwischen zwei Proben der selben Art innerhalb einer Begegnung, als innerhalb der Proben selbst.

Ein Charakter wird erstellt durch ein recht übersichtliches Point-Buy System. Es erlaubt einen Char innerhalb von 5 Minuten komplett zu beschreiben, wenn er nicht zu außergewöhnlich ist. Das ist erfreulich schnell und einfach, aber eben auch nur möglich, wenn man eine genaue Vorstellung von den Fähigketien und Besonderheiten des Charakters kennt und das Regelwerk verinnerlicht hat.

Das Balancing ist an einigen Stellen ziemlich fehlgeschlagen. Dies passiert manchmal schon innerhalb der Grundkonfigurationen, aber sobald außergewöhnliche Kräfte mit ein paar Vorteilen kombiniert werden kann eine gesamte Heldengruppe Probleme mit einem vergleichsweise schwachen Gegner bekommen.

Design

Das Design des Regelwerks ist überaus gelungen. Alleine es anzuschauen macht Spass. Das Werk ist in gut kombinierten Grautönen gehalten - auch fast alle Grafiken - und hat ein sehr offenes und übersichtliches Seitenlayout. Das Buch ist klar strukturiert nach Geschichte, Fraktionen, Welt, Regeln, Fähigkeiten, Ausrüstung und Spielaufbau. Besonders wichtig ist, dass auch wirklich alles in dem Regelwerk enthalten ist. Alle Fraktionen werden erklärt, viele Optionen erläutert und man erhält einen ziemlich guten Eindruck von der Welt - zusätzlich mit szenischen Beschreibungen. Die Sprache ist einfach und direkt, wenig verschnörkelt - effektiv zu lesen.

Fazit

Wir haben jetzt angefangen Heredium zu spielen und sicherlich muss sich noch einiges an Erfahrung ansammeln um ein endgültiges Fazit zu verfassen, doch soweit denke ich, dass wir als Spielergruppe und ich als Meister, schon einen guten Einblick gewonnen haben.

Die Welt von Heredium ist sehr spannend und verdient sicherlich Aufmerksamkeit. Die wenigen Heredium-Romane werden ihr sicherlich nicht gerecht. Die einzelnen Fraktionen sind so schon belohnend spielbar, aber wegen der Vielfalt und Spieltiefe scheint zusätzliches Quellenmaterial auf jedenfall angebracht - wird im Moment vom 13Mann Verlag erarbeitet. Das Design ist auch sehr gelungen und es lässt sich schnell und problemlos eine Information im Regelwerk uaffinden (auch als Digital-Version auf einem kleinen Monitor/Tablet).

Nur das Regelwerk hat Schwächen. Die Simplizität des ersten Blicks wird beim reallen Einsatz schnell reduziert. Es erscheint zudem unausgereift, da es schnell innerhalb der Grundregeln möglich ist unausgeglichene Charaktere oder Situationen zu erstellen.

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